Norway May 2006 / I. - Rockcity Oslo
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Mi. 10.5. Hinflug mit Umsteigen in Frankfurt, klappt alles, abgesehen davon, daß es nicht nötig gewesen wäre, durch die kilometerlangen neuen U-Bahntunnel am Parkveien zu laufen. Wetter geht so, eingecheckt im Hotel und dann ne Weile durch die City und Altstadt Gamlebyen gelaufen und hochgefahren zum Aussichtspunkt Sojmanskolen.

Do. 11.5. Der höhere Sonnenstand irritiert mich, habe mich tatsächlich beim Aufstehen um zwei Stunden verschätzt. Dachte, es wäre schon viel später. Das schöne Wetter am Fjord genossen, einige Teens am Badefelsen in Nesodtangen sprangen schon richtig ins Wasser, mich schreckte nicht nur die Wassertemperaatur ab sondern auch das Seil, mit dem man sich wieder aus dem Wasser rausziehen musste.

Ich verbrachte einen schönen Abend mit Menace von der Turbojugend Trondheim, erst in einem Straßencafe, später gingen wir runter zum Hafen und dann auf die Akerhus-Festung. Unglaublich milde-warmes Sommerwetter. Schöne Abendsonne über dem glitzernden Hafen. In der Festung marschieren altertümliche Wachen, wir lachen weil sie von hinten aus sehen wie Charlie Chaplin. Dann in den seit Jahrzehnten berühmten Elm Street Club, wo später am abend Nine Pound Hammer (USA) plus Supportbands auftritt. Menace kommt aus Schottland, die Liebe brachte sie nach Norwegen, studierte Kunst und jetzt arbeitet sie in einem Tattooshop in einem Vorort in Follo. Rückenschmerzen vom viel Stunden gebückt über irgendwelchen Körperteilen hängen. Ihr Freund macht gerade Zivildienst in Trondheim, das geht in Norwegen nur bei nachgewiesenen Gründen. Er arbeitet in einem Theater, wo an diesem Abend Satyricon spielt, wir schicken ihm Soundmesseges im "Uarrrgghh"-Sound of Evil, macht Spass. Die Turbojugend Trondheim hat einen Aufnahmestop verhängt, weil so viele neue Kids dazu wollen. Insgesamt sind sie mehr als 50. Trondheim muß jedenfalls ne nette Szene sein mit besetzten Häusern. Jetzt über die Feiertage findet dort ein Punkfestival statt. Sie hat früher Gitarre in einer Band gespielt, vielleicht steigt sie bald in eine Trondheimer Band ein. Ich witzele, daß sie wahrscheinlich sowohl gewöhnliche als auch umgedrehte Kreuze tätowieren muß, aber sie sagt, nein, fast nur normale, das hätte zugenommen und die würden das mit dem Christentum auch ganz ernst meinen. Satanische Symbole hatte sie erst einmal. Der Elm Street Club ist gemütlich, wir sitzen auf einem großen Ledersofa. Dann spielt Nine Pound Hammer, satt rotzigen Rock'n Roll Richtung Motorhead, inzwischen ist's voll geworden, Ü 25 Publikum, und gepogt wird auch.

Fr. 12.5. Ich fuhr mit der S-Bahn nach Kolbotn in der schönen Follo-Gegend, bewaldete Felshügel mit kleinen Holzvillen und modernen Gebäuden, große Parkgebiete und Seen dazwischen. Auf einem Parkplatz an einem Kreisverkehr steht der berühmteste Pizzakiosk der Welt: Pamparius. Hat aber mittags noch nicht geöffnet und Öffnungszeiten stehen auch nicht dran. Ausflug fortgesetzt mit Bus nach Vippetangen und der kleinen Fähre nach Gressholmen, einer fast unbebauten Insel mit vielen schönen Plätzen und unzähligen zahmen Kaninchen, die dort einmal ausgesetzt wurden. Sonne spielt mit und nach einer Weile auf dem warmen Felsen traue ich mich an einer flachen Bucht über Kiesel ins Wasser. Na gut, das hat ca. 13 Grad, aber erfrischend ist es. Das Date mit dem 16-jährigen Mr.Doom fällt aus irgendwelchen Gründen aus, soll nachgeholt werden. Kurzer Ausflug in eine ungemütliche Billardkneipe in Gruner Lokka, dann zuhause früh totmüde ins Bett gefallen und musikalische Entzugserscheinungen kuriert: Auf Satyricon's 'Vulcano' sind plötzlich Töne, die ich noch nie gehört hatte.

Sa. 13.5. War'n die gut!! - ziemlich verstrahlter Tag. Vormittags erstmal runter zum Hafen, das Wetter war nicht mehr ganz so bombig, in der Sonne ist's warm, sobald sie weg ist, wird’s ziemlich kühl. Schöne Segelschiffe liegen da rum, ein Aquarell gemalt, wurde aber nicht besonders. Dann mit einigen Kurven Richtung Oslo-City, eine der vielen Edel-Einkaufspassagen wo um 14.00 im Plattencompaniet, einem ganz gut sortierten CD-Laden, Satyricon-Signing-Stunde angesagt ist. Ne weile später stehe ich also zwischen ca. 100 Kids, alle ziemlich sympathisch, vor mir zwei echte Turbojugendliche mit Jacken, ca. 14 Jahre, hab leider die Stadt vergessen. Ab und zu kommt eine sympathische Mutti vorbei und bringt ihnen Cola und guckt, wie lange es wohl noch dauert. So 20 nach tauchen Frost und Satyr auf, in alten kultigen Lederjacken, und sitzen dann geduldig und etwas müde am Tisch und malen Autogramme auf Poster und mitgebrachte CD-Booklets. "Now, Diabolical" läuft die ganze Zeit im Hintergrund. Hinten im Metalregal kramt ein Zehnjähriger mit Kennerblick, der wird bestimmt auch mal ein Rockstar.

Abends am Rockefeller, Doors Open ist 21.00, ich hänge da schon ne Weile früher rum. Ein Fernsehteam kommt mit einer älteren Frau vorbei, lässt diese dem "bösen" Metalpublikum gegenübertreten und macht wohl eine Art Kontrovers-Interviews zum Thema Black Metal. Verstehen tue ich natürlich nichts. Ne Weile später unterhalte ich mich in der ersten Reihe mit Tina aus den USA, die in Oslo studiert und mit einem Franzosen aus Reunion vom anderen Ende des Planeten. Keep of Kalessin (aus Trondheim) spielen als Support und fetzen ganz gewaltig los. Düstere Riffs in beinahe hätte ich gesagt Vibratorgeschwindigkeit und einigen eingängigen Gesangsparts. Gute Show, satt, würd' ich gerne nochmal sehen. The Wealth of Darkness und Armada von ihrer gliechnamigen neuen CD halten sich seitdem hartnäckig in meiner Playlist.
- SATYRICON ist in Deutschland nicht allzu bekannt. An ihrer Musik kann das jedenfalls nicht liegen, seit 1992 mit mittlerweile sechs musikalisch grandiosen Black Metal Alben unterwegs. "Rebel Extravaganza" gehört jedenfalls zu meinen "muß mit auf die Insel"-Scheiben, für "Volcano" haben sie in Norwegen einen Preis bekommen. Anläßlich der Veröffentlichung ihres neunen Albums "Now Diabolical" eine Stunde live im Norwegischen Fernsehen. -
Umbaupause, Frost's Schlagzeugmonster wird enthüllt, und okkulte Kerzenleuchter angezündet. In der ersten Reihe wird's jetzt kuschelig, aber weniger stressig als z.B. bei Turbos. Vielleicht liegt das auch an den Bierpreisen. Die Jungs auf der Bühne kriegen auch nur Wasser zu trinken. Die leisten ja auch musikalische Präzisionsarbeit. Intro, dunkel ... Frost kommt als erster, von den vier Life-Lineup-Musikern weiß ich gar nicht alle Namen. Satyr betritt die Bühne, etwas schwarz um die Augen geschminkt, schwarzes ärmelloses Shirt und grottige Jeans. Jedenfalls geht’s ab wie beim Düsenjäger Takeoff und Satyr mit seinem special Mikrofonständer, einer höllischen Mutation aus Baum, Schlange und Krallenmonster, kommt einfach sehr sexy. Die Background-Bläser, die sowohl auf der CD als auch bei dem Fernsehauftritt beim NRK dabei waren, sind nicht mit von der Partie, so ist's auch rockiger. Dominions, Now, Diabolical, The Pentagram burns, A Moment of Clarity, Repined Bastard, Filthgrinder u.a. - Leider verstehe ich von Satyrs Zwischenansagen nichts. "Könnt ihr singen?" Das geht, das Riff von "Mother North", um einiges schneller als auf Platte. Als zweite Zugabe "Reign in Blood", scheint Tradition zu sein. Frost kommt nach dem Set kurz nach vorne und schüttelt Hände. Sonst sieht man ihn ja hinter seiner Festung kaum. Insgesamt ein guter Mix aus alten und neuen Stücken, 90 Minuten, viele rufen noch ne Weile nach ner zweiten Zugabe, gibt's leider nicht. Wie angenehm: kein Zigarettenqualm! Und keine Becherwerferei! Fast keine Crowdsurfer. Später wird mir erzählt, daß sowohl Satyricon als auch Turbonegro schon mal Konzerte wegen geworfener Becher abgebrochen haben. Ich hänge hinterher noch etwas in einer netten Kneipe eine Ecke weiter rum, ziemlich verstrahlt - allein wegen diesem Konzert hat sich die Reise gelohnt.

So.14.5. Nachmittags war ich in der Fotoausstellung in der Galerie Tonne mit großen Profi-Fotos von Stian Andersen. Größtenteils Schwarzweissfotos, die Jungs im Backstage-Chaos, Hank mit tiefschwarz blitzenden Augen in einem kaleidoskopartigen spiegelnden Garderobenraum, Happy-Tom's Sailorlenden mit feuchtem Fleck an delikater Stelle, Euroboy mit Diktatormütze und völlig verschattetem Gesicht, nur die Lippen zu sehen, Euroboy in Siegerpose ziemlich gefährlich auf den Amps balancierend, Portraits von Tom zur Seite blickend als Seeman, Pal Pot mit Goldhelm, Hank plus Eisbärfellschleppe tragendem Zwerg in Hank-Outfit, Hank in "Segnet die Massen"-Pose, schwitzende derbe rockende Fans in der ersten Reihe, Euroboy auf Händen getragen, Rune farbig in blauem Licht. Am schönsten ein sehr gefühlvolles von Tom, der Hanks Schultern massiert.

Später ins Last Train, wo Bronco Buster spielen sollen. Oben an der Wand ein Bord mit musealen Schätzen der Rockgeschichte, z.B. Happy Toms erste Sailormütze. An den Wänden viele coole Plakate und große Fotos. Bronco Buster, ein Rock'n Roll Frauentrio, die ich in Wolfsburg schon mal gesehen hatte, waren damals irgendwie rotziger. Klar, sie rocken auch heute, sind mir aber etwas zu gefällig geworden.