Inferno Metalfestival (Festivalsite) Oslo 19.-22.03.2008 - Part I
>>Part II


Gressholmen Island






Frognerseteren


IMC


Keep of Kalessin


Audrey Horne


Red Harvest


IMC, Jörg Michael, Anders Odden






Skitliv






Onslaught


Cor Scorpii


Dead to this World


Tristania


Behemoth








Gorgoroth
























 
Flug von Hamburg stressfrei, Landeanflug über Oslo tief mit Super-Sicht, man könnte fast die Menschen auf der Karl Jh. Gate berühren. Zugfahrt, Wochenticket für Tram und Fähren kaufen, einmal durch die Junkiemeute am Bahnhof - so heftig kenne ich das selbst aus Hamburg und Berlin nicht. Einchecken im Anker-Hostel, kurz zum Supermarkt einkaufen - da gibt's einen Black-Metal-Comic von Kollektivet www.kollektivet.no. Mit etwas Geduld kann man auch ohne Norwegisch zu können das meiste verstehen, der Abend ist gerettet und ich lache mich schlapp über den hintergründig-selbstironischen Humor der Autoren. "In Sorte Ridiculi", schwer empfehlenswert.

Dienstag, Superwetter, glasklare Luft und Sonnenschein, schnell mit Fähre von Vippetangen zu meiner Lieblingsfelsenkoje nach Gressholmen. Diese Ruhe! Selbst die Vögel halten sich noch versteckt. Aber oben auf dem Inselberg blühen schon blaue Blumen. Ortswechsel, nach Rückfahrt mit der Fähre noch schnell rauf zum Frognerseteren, die nächsten Tage sind ja schon vollgepackt genug. Und über doch noch schneebedeckte Wege bzw. Pisten runtergelaufen zum Midstuen. Mittwoch 19.3. Erste Aufgabe Bändchen und IMC-Pass holen, am Sentrumscene trödeln sie etwas, so dass wir noch ne halbe Stunde draussen stehen, in der Sonne immerhin. Eine nette ältere Norwegerin, Jurastudentin, wartet auch, erzählt, dass ihr 12jähriger Sohn Deutsch lernt - wegen Tokio Hotel, was hat sie falsch gemacht?? Bändchen geholt, paar Bekannte begrüsst. Zweite wichtige Aufgabe: Hakon Moslets Turbo-Buch "Sagen om Denimfolket" kaufen. Hab inzwischen die ersten 100 Seiten durch, lustige Stories, auch mit nur 40% verstehen sehr spannend. Man lernt.

Um 14:00 IMC Eröffnung im Eddenkoppen-Hotel, dann die erste Vortrags / Diskussionsrunde "The Death of the album - What does the future look like?" mit anschliessenden Speed-Meetings. Das Podium: Christine Carney (MP3.com /Label Relations Manager, USA), Ed Rivadavia (RCA Music group/Digital Marketing, USA), Roel Nan Reijmersdal (Vic records/Owner, HOL), Kristoffer Endresen (Myspace.Norge/ Marketing & Content, NOR), Mike Gitter (Roadrunner Rec.), Anders Odden, der Organisator dieser zum zweiten Mal stattfindenden Konferenz, deren Hauptziel es ist, die vielen Leute aus Bands und Business, die zum Infernofestival kommen, kreative Begegnungen und Kontakte zu ermöglichen. Networking! Man ist sich weitgehend einig, dass für Fans das Album , was man in den Händen halten kann, auch weiterhin Bedeutung hat, wenn auch ergänzt durch andere Geschäftsmodelle. Direktvermarktung a la Nine Inch Nails oder Radiohead sind Stichworte. MySpace und ähnliche Plattformen gewinnen weiter an Bedeutung, es sollen schon Bands nur über MySpace-Freundschaften den Durchbruch geschafft haben. MySpace Norge hat inzwischen auch Pre-Listening-Sessions im Programm, und Künstler können ähnlich wie bei Ebay eigene Webshops intergrieren.

Abends gehts mit ner Party im Rockefeller weiter, für das anwesende Pressevolk legt das Label die neue KEEP OF KALESSIN-Scheibe auf, die mir sehr gut gefällt. Anschliessend spielen KEEP OF KALESSIN unten im John Dee ein paar Songs davon live. Obsidian C. (früher auch bei Satyricon) ist einfach ein Super-Gitarrist, wovon man sich auch am nächsten Tag in der "Guitar Clinic" auf dem Metal-Markt überzeugen kann (gibt's auf Youtube, zum nachspielen!). Anschliessend AUDREY HORNE, satter arschtretender Rock mit soften Parts. Anschliessend RED HARVEST, ziemlich brachial und mit Synthiebeats, nicht wirklich mein Fall. In diversen kleineren Clubs finden an diesem Abend Konzerte statt, ich schau mir noch DISCORD (laut, komplex und etwas überladener Deathmetal aus Nor) und URGEHAL (Oldschool-Black Metal / Nor) im Rock In an. Donnerstag 20.4. Der Tag beginnt mit der Diskussion "How to tour" mit Jörg Michael (Twisted Talent Booking-agency, D). Sie haben das Konzept "Musiker als Booker" - aus eigenen meist schlechten Erfahrungen entwickelt. Booker sind grundsätzlich überbringer schlechter Nachrichten, weil Bands immer denken, dass sie grösser sind als es tatsächlich der Fall ist. Weil weniger Platten verkauft werden, wird heute mehr getourt, was dazu führt, dass die ca. 900 Nightliner, die es in Europa gibt, schon 6 Monate vorher ausgebucht sind. Ein junger Typ aus Australien (wohl der weitestgereiste dieses Festivals) stellt die Frage, was und seine Band tun können, um "es zu schaffen". Antwort: das A und O bleibt Networking, jemand zu finden, der an einen glaubt, sämtliche geschäftlichen und technischen Details selbst mit durchdenken, sonst wird man schnell abgezogen. Zu der Frage nach der Situation in Osteuropa ist die Antwort, dass man da super aufpassen muss, mit welchen Leuten man zusammenarbeitet.

Anschliessend spricht Mike Gitter von Roadrunner über den US-Musikmarkt, bin aber nicht dageblieben.

Im Rockefeller spielt als erstes auf der Hauptbühne SKITLIV, die neue Band von Ex-Mayhem-Sänger Maniac, einem Typ von SHINING an der Gitarre, SPACEBRAIN-Rene am Bass. Maniac ist mit kurzblondem Iro zu seinen Punkerwurzeln zurückgekehrt, lümmelt sich in Wohnzimmeratmosphäre auf einem Sessel und intoniert Songs höchster Verzweiflung. Die anderen improvisieren dazu teils mit und teils gegeneinander, was dazu führt, dass die Musik teils gut nach vorne geht, teils (wohl gewollt) ins öde Chaos abkippt. In Doppleblasphmie besteht ihre Bühnendeko aus Christenkreuzen. Mir gefällt jedenfalls, dass sie dem schneller-lauter-härter-immerdasselbe Trend etwas entgegensetzen und zu Chaosinspiration zurückkehren. ONSLAUGHT rockt ordentlich, TRISTANIA mit hübscher Frontfrau und Schmachtgesang trifft nicht so meine Wellenlänge. DEAD TO THIS WORLD gefällt mir, aber jede einzelne Band richtig zu würdigen fällt schwer. BEHEMOTH, Black Metal aus Polen, sind richtig gut, einer der Highlights des Festivals. Als letzten Song spielen sie TURBONEGROs "I got Erection". überhaupt läuft auch Turbos Retox-Scheibe häufig in den Pausen. Traurig ist die Meldung, die die Runde macht, dass Euroboy schwer krank ist und Turbos alle anstehenden Gigs absagen mussten.

Headliner GORGOROTH gibt sich einige Mühe mit der Bühnendeko und fängt etwas verspätet an. Fackeln und vier grosse schwarze Kreuze, an denen zwei nackte Männer und zwei nackte Frauen "hängen", mit schwarzen Kapuzen über dem Kopf. Die Nackten halten die Stunde Set heldenhaft durch, ich hab vor langer Zeit mal Aktmodell gestanden, einem schlafen schon nach zehn Minuten irgendwelche Gliedmassen ein. Nein, keine Schafsköpfe. Opener ist "Procreating Satan", "Carving a Giant", "A Sign og an opened Eye", etliche ältere Songs - soundmässig und spielmässig top, find ich. Mit dem ultrapräzise spielenden Nick Barker am Schlagzeug. Ready for Wacken. Was auch immer im Einzelnen hinter dem Stress zwischen Gaahl/ King und Bandgründer Infernus (den sie rausgeworfen haben) steckt, dies ist jedenfalls eine der interessantesten Bands zur Zeit, find ich.

Als wir nachts auf die Strasse treten: Schnee! Ich wusste ja fast nicht mehr, was das ist. Nun wird's aber hier auch nochmal richtig kalt, und die Aspirin-Saison beginnt wieder. Apropos überleben: Ich glaube, der fette Bass-sound bzw. Druck führt zu Dehydrierung, ich trinke jedenfalls Unmengen an Leitungswasser, was es an den Biertheken überall kostenlos gibt.